Von Netzromanzen, Oberflächlichkeit und was es heißt, jemanden zu kennen

Nicht jede Beziehung beginnt ganz klassisch durch die Begegnung zweier Menschen, die sich gleichzeitig in die Augen schauen und dann eventuell ebenso gleichzeitig lächeln. Mittlerweile ist es immer häufiger der Fall, dass man seinen Partner online kennenlernt. Ein Großteil des Lebens findet mittlerweile im Internet statt – wir tauschen uns mit Freunden aus, informieren uns über die aktuellsten Nachrichten oder kaufen dort sogar ein. Trotzdem scheinen viele dem konservativen Dating aufgeschlossener zu sein. Was aber spricht dagegen, mal unkonventionell zu sein?

Ich rede nicht einmal von Partnerbörsen im klassischen Sinn. Ich rede nicht davon, die ‚große Liebe‘ in der weiten Welt der vernetzen Nullen und Einsen zu suchen, sondern darum, sich ihr nicht zu verschließen, sollte man sie zufällig finden. Es eben einfach zuzulassen, jemanden sympathisch zu finden, den man noch nicht gesehen hat. Aus genau dieser Sympathie kann sehr viel mehr werden, behaupte ich.

„Man kann sich doch nicht in jemanden verlieben, den man nicht kennt!“, heißt es – doch was macht es eigentlich aus, dieses ‚Kennenlernen‘?

Der Unterschied zur klassischen Variante ist: Man lässt alle Oberflächlichkeiten beiseite. Selbstverständlich tauscht man Fotos aus und in Zeiten von Facetime und Skype sind auch Videochats keine Seltenheit; trotzdem ist es etwas vollkommen anderes, wenn man jemanden zuerst mit den Augen ergründet. Doch viel wichtiger ist es, den Charakter des anderen kennen zu lernen – seine Stärken und Schwächen, seine Ansichten und Lebensziele. Meiner Meinung nach kenne ich eine Person, wenn ich weiß, wie sie denkt und fühlt, wie sie spricht und schreibt, wie sie sich gibt. Und jetzt, wo ich genauer darüber nachdenke, wage ich sogar, zu behaupten: Es ist besser, sich online kennen zu lernen.

Man konzentriert sich auf die wirklich wichtigen Dinge, auf die inneren Werte, die Einstellung des anderen gegenüber sämtlichen Dingen. Man telefoniert tagelang nahezu rund um die Uhr und lernt sich so intensiv kennen, wie man es bei einem herkömmlichen Date nicht tut – was nicht heißt, dass man es nicht trotzdem könnte, aber meistens ist es eben nicht so. Man spricht viel über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Darüber, was wirklich zählt, und über Nichtigkeiten. Über Kompromissbereitschaft und wobei man eventuell nicht bereit ist, Kompromisse einzugehen. Über die eigene Kindheit und Familie und darüber, welche Fehler man später nicht selbst machen möchte. Wie man die erste gemeinsame Wohnung einrichtet und wo man sich überhaupt vorstellen kann, zu wohnen. Eben über alles, was irgendwann mal wichtig war oder sein könnte. Nicht unbedingt intensiver und intimer, als man es bei einem ’normalen‘ Dateverlauf tun würde – aber doch deutlich eher.

Man hält sich nicht so lange mit Belanglosigkeiten auf, sondern tauscht sich so schnell es geht über so vieles wie möglich aus; einfach, um den Haken zu finden. Und je mehr Gemeinsamkeiten man während dieser intensiven Zeit entdeckt, umso unwichtiger wird der Rest.

Denn was wirklich zählt, kann man nicht sehen oder berühren. Man muss es fühlen.

q. e. d.

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Von der perfekten Liebesgeschichte, Hindernissen und dem, was wirklich zählt.

Seit ein paar Tagen denke ich ständig darüber nach, dass die wahre Liebe, die ich in meinem letzten Beitrag beschrieb, nicht immer leicht zu finden ist. Die wenigsten Liebesgeschichten sind wie im Film. Die Umstände sind oftmals schwierig, es gilt, viele Hürden zu überwinden und jahrelange Angewohnheiten, negative Charaktereigenschaften, vielleicht sogar geliebte Menschen hinter sich zu lassen, um sie zu erhalten. Diese Hindernisse könnten vielfältiger nicht sein. Mit einigen davon habe ich mich näher auseinandergesetzt und meine Ansichten in Frage gestellt.

Vor vielen Jahren hatte ich eine Fernbeziehung. Sie kam aus Aachen, ich aus der Pfalz. Uns trennten rund 300 Kilometer. Es hielt nicht lange, und ich kann nicht mal genau sagen, woran es lag; die Entfernung war aber glaube ich nicht das Problem. Ein wenig später wagte ich einen weiteren Anlauf mit einem Mädchen aus Wetzlar. Ziemlich genau 150 Kilometer lagen zwischen uns. Ich fuhr zwar fast jedes Wochenende zu ihr, aber jeder Abschied zerriss mich innerlich aufs neue. Auch hier lag das Scheitern der Beziehung nicht an der Entfernung, aber trotzdem nahm ich mir vor, mein Herz künftig bei mir zu behalten – also räumlich gesehen.

Ein allzu großer Altersunterschied kann auch hinderlich sein, gemeinsam glücklich zu bleiben, sagt ihr? Schwachsinn. Alter ist nur eine Zahl, etwas rein biologisches. Doch worauf kommt es an? Geistige Reife ist wichtig. Eine offene Art, nicht verklemmt oder schüchtern zu sein. Ich kenne einige ältere und damit ja potentiell reifere Damen, die den Mund einfach nicht aufbekommen. Nicht sagen, wenn sie etwas stört. Die nicht über ihre Gefühle reden können. Dann gibt es die, die nicht wissen, was sie im Leben wollen. Klar, meine Pläne waren auch anders, aber ich hatte immer welche. Und das, was ich tue – sei es privat, beruflich, in einer Beziehung – ist immer genau das, was ich will. Weil ich mir selbst wichtig bin und nur glücklich sein kann, wenn ich meine Träume lebe.

Dann gibt es da noch solche eigentlich banalen Dinge wie Musik- oder Filmgeschmack. Klar, nicht weltbewegend, aber es ist trotzdem besser, wenn man sich darüber einig ist. Wobei ich behaupte, dass das Problem viel mehr ist, dass viele Menschen sich selbst in Schubladen zwängen. Was spricht dagegen, dass ich „PS: Ich liebe dich“ genau so gerne schaue wie „Die nackte Wahrheit“, „Die Schöne und das Biest“ oder „Fast Five“? Nichts. Ganz im Gegenteil, es macht das alles so viel einfacher. Und solange ich in den Armen der Richtigen liege – oder sie in meinen – ist mir das doch egal, ob der Film, der gerade läuft, genau nach meinem Gusto ist oder nicht. Mein Musikgeschmack ist ebenfalls breit gefächert – darüber werde ich bei Gelegenheit einen eigenen Artikel verfassen.

Doch das größte Hindernis ist immer man selbst. Menschen verändern sich – und das ist auch gut so. Wenn man aber in einer Beziehung ist, muss man sich gemeinsam verändern, gemeinsam wachsen. Die nötigsten Grundlagen dafür habe ich in Vom Überstürzen und Zeit lassen niedergeschrieben. Das größte Problem daran ist, dass man zurückstecken und Kompromisse eingehen muss, sich aber niemals selbst verlieren darf. Man muss bei jeder Entscheidung aufs neue abwägen, ob man wirklich mit der Lösung einverstanden ist oder sich doch zu sehr verändert.

Was wirklich zählt? Das Gefühl, dass bei jeder ihrer Nachrichten mein Herz hüpft. Dass ich immer, wenn ich ihre Stimme höre, alles um mich herum vergesse. Dass es sich so verdammt gut anhört, wenn sie meinen Namen sagt. Dieses Gefühl zu haben, das ich so lange Zeit vermisste. Zu wissen, dass es die richtige Entscheidung war, endlich wieder auf mein Herz zu hören. Dem, was eigentlich zum Scheitern verurteilt ist, eine Chance zu geben, weil ich mir nichts mehr wünsche, als Geschichte zu schreiben. Mit ihr.

Your heart’s against my chest, your lips pressed to my neck. I’m falling for your eyes, but they don’t know me yet. And with this feeling I’ll forget, I’m in love now.

— „Kiss Me“ von Ed Sheeran

Wer sich nicht selbst liebt, kann nicht geliebt werden, sagte ich einst. Also fangt endlich an, euch zu lieben. Wenn es etwas gibt, weswegen man euch eventuell nicht toll finden könnte, ändert es. In einem meiner nächsten Artikel werde ich mehr darüber erzählen, was ich an mir nicht toll fand und finde, wie ich es änderte und woran ich immer noch arbeite. Um alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die sich uns in den Weg stellen werden. Um es ihr nicht Recht machen zu müssen, weil das, was ich bin und sein werde, alles ist, was sie immer gesucht hat. Weil sie, so subtil und gleichzeitig so offensichtlich, genau das zu sein scheint: Alles, was ich immer wollte – und noch viel mehr.